Bio ist nicht gleich Bio: Siegel im Vergleich

Kennzeichnungen für Bio-Produkte gibt es einige – angefangen mit dem rechteckigen, grünen EU-Bio-Label und dem sechseckigen deutschen Bio-Siegel. Bei Waren mit diesen Zeichen könnt ihr euch in jedem Fall sicher sein: Sie wurden alle nach den hohen Standards der EU-Bio-Verordnung hergestellt. Viele Bio-Anbauverbände gehen jedoch über diese Vorgaben hinaus und verwenden zusätzlich eigene Bio-Symbole. Diese stehen für teils noch strengere Vorschriften, beispielsweise für eine artgerechtere Tierhaltung oder mehr Biodiversität. Grund genug, sich die verschiedenen Kennzeichnungen für Bio-Lebensmittel einmal näher anzuschauen!
Der Standard: Das EU-Bio-Siegel
Das grüne, rechteckige EU-Bio-Siegel kennzeichnet seit 2010 alle Lebensmittel und Erzeugnisse, die in der EU als Bio-Produkte verkauft oder erzeugt werden. Dafür müssen diese Produkte den strengen EU-Vorschriften für den ökologischen Landbau entsprechen. Konkret heißt das zum Beispiel:
- Auf chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger wird verzichtet.
- Gentechnik ist nicht gestattet.
- Natürlich weniger Zusatzstoffe: In der EU sind 320 Zusatzstoffe für Lebensmittel zugelassen, für Bio-Lebensmittel sind lediglich 56 erlaubt.
- Futtermittel für Tiere im ökologischen Landbau müssen aus Bio-Anbau stammen.
- Als „bio“ oder „öko“ gekennzeichnete Produkte müssen mindestens 95% Bio-Zutaten enthalten.

Alle verpackten Produkte, die den Rechtsvorgaben der EU-Bio-Verordnung zu ökologischem Landbau entsprechen, tragen das EU-Bio-Siegel verpflichtend. Dazu muss auf jedem Produkt die Kontrollstellen-Nummer des jeweiligen Unternehmens angegeben werden. Diese Nummer besteht aus einem Kürzel für das EU-Land und einer Kennziffer für die Kontrollstelle:
DE-ÖKO-021
I I
EU-Land Nummer der Kontrollstelle
Ökologisch arbeitende Unternehmen und Verarbeiter werden mindestens einmal jährlich von den entsprechenden Kontrollstellen geprüft. Zudem finden unangemeldete Besuche auf den Betrieben statt. Die Kontrollstellen selbst werden wiederum von staatlicher Seite überwacht.
Das deutsche Bio-Siegel
Das deutsche Bio-Siegel wurde 2001 ins Leben gerufen, um Produkte von ökologisch arbeitenden Unternehmen eindeutig erkennbar zu machen. Mit ihm können Produkte zusätzlich gekennzeichnet werden, die nach den Vorgaben der EU-Bio-Verordnung zum ökologischen Landbau erzeugt, gehandelt oder verarbeitet wurden. Das deutsche Bio-Siegel steht damit für die gleichen Richtlinien wie das EU-Bio-Siegel.

Die Symbole der Bio-Anbauverbände

Bioland ist einer der größten und bekanntesten Bio-Anbauverbände in Deutschland. Gegründet im Jahr 1971, zählt Bioland heute rund 9.000 landwirtschaftliche Betriebe, dazu zahlreiche Partner aus Verarbeitung und Handel. An vielen Stellen setzt der Anbauverband höhere Standards als die EU-Bio-Verordnung. Dazu zählen beispielsweise …
- … die Verpflichtung zu einer strikten Kreislaufwirtschaft: Bioland-Betriebe müssen möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe schaffen.
- … strengere Vorschriften bei der Tierhaltung: Die Anzahl der Tiere ist an die Betriebsfläche gebunden. So wird Überdüngung vermieden – und die Tiere haben deutlich mehr Platz und Auslauf als nach EU-Bio-Standard vorgeschrieben.
- … das Verbot chemisch-synthetischer Mittel: Bioland untersagt den Einsatz von chemisch-synthetischen Stickstoffdüngern und Pflanzenschutzmitteln – auch in Ausnahmefällen, die die EU-Bio-Verordnung erlaubt.
- … der vollständige Ausschluss von Gentechnik – sowohl im Saatgut als auch im Futtermittel.

Demeter ist der älteste Bio-Anbauverband in Deutschland und wurde bereits 1924 gegründet. Als einer der bekanntesten Anbauverbände steht Demeter für die biologisch-dynamische Landwirtschaft, die auf den Impulsen von Rudolf Steiner basiert. Die Richtlinien von Demeter sind vielfach strenger als die EU-Bio-Vorgaben. Das betrifft unter anderem …
- … die konsequente Kreislaufwirtschaft: Demeter-Betriebe müssen ihren Betrieb als möglichst geschlossenen Organismus führen.
- … die besonders hohen Anforderungen an die Tierhaltung: Tiere erhalten ausschließlich ökologisches Futter, überwiegend vom eigenen Hof. Hörnertragende Tiere wie Kühe werden nicht enthornt.
- … den vollständigen Verzicht auf chemisch-synthetische Mittel: Auch bestimmte organische Dünger, die in der EU-Bio-Verordnung erlaubt sind, sind bei Demeter nicht zugelassen.
- … die Anwendung biodynamischer Präparate aus Kräutern, Mineralien und Kuhmist, die Boden und Pflanzen stärken sollen.
- … die Erzeugung von möglichst natürlichen Lebensmitteln ohne viele Zusätze: Für Demeter-Produkte sind nur 19 Zusatzstoffe erlaubt, die EU-Bio-Verordnung gestattet hingegen mehr als doppelt so viele.

Naturland wurde 1982 gegründet und ist einer der größten deutschen Anbauverbände mit über 4.500 Mitgliedern in Deutschland und weltweit rund 140.000 Bauern in 60 Ländern. Der Verband setzt auf hohe Umwelt- und Sozialstandards und verbindet ökologischen Landbau mit sozialer Verantwortung. An vielen Stellen macht Naturland strengere Vorgaben als die EU-Bio-Verordnung. Dies betrifft zum Beispiel ...
- … die Einhaltung umfassender Sozialstandards für faire Arbeitsbedingungen.
- … die Standards für artgerechtere Tierhaltung: Naturland verlangt größere Stallflächen, verpflichtenden Auslauf und ausschließlich ökologisches Futter.
- … das Verbot mineralischer Dünger und chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel.
- … den vollständigen Verzicht auf Gentechnik in Saatgut und Futtermitteln.

Biokreis wurde 1979 in Passau gegründet und ist heute der viertgrößte Bio-Anbauverband in Deutschland. Der Verband steht ganz besonders für regionale Netzwerke, bäuerliche Landwirtschaft und handwerkliche Lebensmittelverarbeitung. An vielen Stellen gehen die Standards von Biokreis über die EU-Bio-Verordnung hinaus. Zu den Verbands-Vorgaben zählen beispielsweise ...
- … die verpflichtende Gesamtumstellung des Betriebes auf Bio: Teilumstellungen sind nicht erlaubt.
- … , dass Futtermittel ausschließlich von Biokreis-Betrieben oder anderen Bio-Anbauverbänden stammen dürfen.
- … der strikte Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemittel.
- … die besondere Förderung von regionaler Vermarktung und fairen Partnerschaften: Hierfür gibt es die Zertifizierung „regional & fair“.

Gäa e.V. wurde 1989 in Dresden gegründet und ist ein ökologischer Anbauverband mit Wurzeln in der Umweltbewegung der DDR. Heute vereint Gäa rund 485 Biohöfe mit etwa 51.000 Hektar, vor allem in Ostdeutschland. An vielen Stellen verfolgt der Anbauverband höhere Standards als die EU-Bio-Verordnung. Dazu zählen beispielsweise …
- … strengere Anforderungen an die Tierhaltung: etwa mehr Platz, Auslauf und ausschließlich ökologisches Futter.
- … das vollständige Verbot der Anbindehaltung von Rindern – in allen Betrieben.
- … das Verbot der Geschlechtserkennung im Ei als Selektionsmethode: Bruderhähne müssen mit aufgezogen werden.
- … die Förderung regionaler Kreislaufwirtschaft: Der Anbauverband steht für eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Verarbeitern und Handelspartnern.

ECOVIN ist der größte deutsche Anbauverband, der sich ausschließlich auf ökologischen Weinbau spezialisiert hat. Seit 1985 steht ECOVIN für Innovation, Nachhaltigkeit und aktiven Artenschutz im Weinberg. Rund 230 Betriebe gehören dem Verband an und bewirtschaften etwa ein Viertel der deutschen Bio-Rebfläche. Im Vergleich zur EU-Bio-Verordnung setzt ECOVIN auf oft strengere Regeln für seine Mitgliedsbetriebe. Dies betrifft unter anderem ...
- … die Förderung der Biodiversität: ECOVIN verpflichtet seine Mitgliedsbetriebe zur Förderung der Artenvielfalt im Weinberg, etwa durch artenreiche Begrünung, den Erhalt von Biotopen und den Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten.
- … die Verpflichtung, sämtliche Rebflächen eines Betriebs vollständig ökologisch zu bewirtschaften: Eine Teilumstellung ist nicht erlaubt.
- … ein vollständiges Verbot von Kunstdünger und chemisch-synthetischen Mitteln.
- … striktere Vorgaben für die Kelterei: Technische Verfahren wie Vakuumverdampfer oder Umkehrosmose sind bei ECOVIN verboten, während sie nach EU-Bio-Verordnung teilweise zulässig sind. Zudem gelten für die Weinverarbeitung unter anderem ein Verbot für Sorbinsäure und eine Begrenzung der Schwefelung.
- … die Begrenzung erlaubter Betriebsmittel auf eine Positivliste: Nur ausdrücklich zugelassene Mittel dürfen verwendet werden, auch wenn die EU-Bio-Verordnung weitere zulassen würde.
EU-Bio-Siegel und Anbauverbände: Unterschiede auf einen Blick
Allgemeine Kriterien
EU-BIO | Bioland | Demeter | Naturland | Biokreis | GÄA | |
---|---|---|---|---|---|---|
Gründungsjahr | 2010 | 1971 | 1927 | 1982 | 1979 | 1989 |
Philosophie | Mindestrichtlinien | Organisch-biologischer Landbau | Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise | Ökologische, zukunftsorientierte und faire Wirtschaftsweise | Ökologischer Landbau und gesunde Ernährung | Ökologischer Landbau mit Fokus auf Regionalität, vor allem im Osten Deutschlands |
Teilumstellung | Teilumstellung möglich | nur Gesamtbetrieb | nur Gesamtbetrieb | nur Gesamtbetrieb | nur Gesamtbetrieb | nur Gesamtbetrieb |
Kontrollen | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO. | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO und Anbauverband. Zusätzliche Stichprobenkontrolle möglich, unangemeldete Stichprobenkontrollen. | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO und Anbauverband. Zusätzliche Stichprobenkontrolle möglich, unangemeldete Stichprobenkontrollen. Zusätzliches Betriebsentwicklungsgespräch. | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO und Anbauverband. Zusätzliche Stichprobenkontrolle möglich, unangemeldete Stichprobenkontrollen. | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO und Anbauverband. Zusätzliche Stichprobenkontrolle möglich, unangemeldete Stichprobenkontrollen. Zusätzliche Tierwohlkontrolle auf tierhaltenden Betrieben. | jährlich angekündigte Kontrolle nach EG-Öko-VO und Anbauverband. Zusätzliche Stichprobenkontrolle möglich, unangemeldete Stichprobenkontrollen. |
Kreislaufwirtschaft | nicht vorgeschrieben | ja | ja | ja | ja | ja |
Ökologische Tierhaltung: EU-Bio-Siegel und Anbauverbände im Vergleich
Kriterium | EU-BIO | Bioland | Demeter | Naturland | Biokreis | GÄA |
---|---|---|---|---|---|---|
Maximal zulässige Tieranzahl pro Hektar | 230 Legehennen / 580 Hähnchen / 14 Mastschweine | 140 Legehennen / 280 Hähnchen / 10 Mastschweine | 140 Legehennen / 280 Hähnchen / 10 Mastschweine | 140 Legehennen / 280 Hähnchen / 10 Mastschweine | 140 Legehennen / 280 Hähnchen / 10 Mastschweine | 140 Legehennen / 280 Hähnchen / 10 Mastschweine |
Futtermittelzukauf | bis zu 80% erlaubt | bis zu 50 % erlaubt | bis zu 50 % erlaubt | bis zu 50 % erlaubt | bis zu 50 % erlaubt | bis zu 50 % erlaubt |
Antibiotika-Gabe | max. 3x in 12 Monaten | max. 3x in 12 Monaten | max. 3x in 12 Monaten | max. 3x in 12 Monaten | max. 3x in 12 Monaten | max. 3x in 12 Monaten |
Kühe: Enthornung | erlaubt | mit Ausnahmegenehmigung erlaubt | nicht erlaubt | erlaubt, Empfehlung für genetisch hornlose Rassen | erlaubt | mit Ausnahmegenehmigung erlaubt |
Kastration der männlichen Ferkel ohne Betäubung | erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |
Länge von Tiertransporten | nicht geregelt | max. 200 km | max. 200 km | max. 200 km | max. 200 km | max. 200 km |
Vergleich EU-Bio-Siegel und Anbauverbände: Pflanzenbau
EU-BIO | Bioland | Demeter | Naturland | Biokreis | GÄA | |
---|---|---|---|---|---|---|
Synthetische Pflanzenschutzmittel | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |
Kupferpräparate | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; Hopfen 4 kg pro Jahr/Hektar; max. 28 kg pro Hektar innerhalb von 7 Jahren | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; Hopfen 4 kg pro Jahr/Hektar; max. 28 kg pro Hektar innerhalb von 7 Jahren | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; nicht erlaubt im Kartoffelanbau | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; Hopfen 4 kg pro Jahr/Hektar; Kartoffeln 3 kg mit Ausnahmeerlaubnis | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; Hopfen 4 kg pro Jahr/Hektar | max. 3 kg Kupfer pro Jahr/Hektar für die meisten Kulturen; Hopfen 4 kg pro Jahr/Hektar; Kartoffeln 4 kg pro Jahr/Hektar mit Ausnahmeerlaubnis |
Dünger | max. 170 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; keine Begrenzung für Düngemittel-Zukauf | max. 112 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; Düngemittel-Zukauf max. 40 kg/Jahr pro Hektar | max. 112 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; Düngemittel-Zukauf max. 40 kg/Jahr pro Hektar | max. 112 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; Düngemittel-Zukauf max. 40 kg/Jahr pro Hektar | max. 112 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; Düngemittel-Zukauf max. 40 kg/Jahr pro Hektar | max. 112 kg Stickstoff pro Jahr/Hektar; Düngemittel-Zukauf max. 40 kg/Jahr pro Hektar; spezielle Vorschriften für Gemüsebau |
Mineralische Düngemittel | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |
Tiermehl und Knochenmehl als Dünger | erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |
Gentechnik | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |
Vergleich EU-Bio-Siegel und Anbauverbände: Lebensmittel
EU-BIO | Bioland | Demeter | Naturland | Biokreis | GÄA | |
---|---|---|---|---|---|---|
Zusatzstoffe | 56 | 24 | 19 | 22 | 27 | je nach Produktgruppe 20-25 |
Künstliche Aromen | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt | nicht erlaubt |